Reanna erinnerte sich. Sie erinnerte sich an
den Tag, als die zwei Sonnen am Himmel brannten und sich die harschen Befehle
der Angreifer mit den Schreien der Bürger in den Straßen der
baumähnlichen Gaianer Basis mischten. Sechs Jahre ist das her.
Sie schwankte durch ihr sauberes, kleines Zimmer, atmete schwer und hörte
die Tränen in ihrer eigenen Stimme. Sie hielt ihren Bauch fest und
fühlte seine warme Rundheit, tiefe genetische Veränderungen befanden
sich in ihm ... beschütze diese Kreatur. Sie konnte das Kind innen
fühlen, dick und ängstlich (nach sechs Monaten ... nur sechs Erden
Monate!) und sie straffte ihre Muskeln dagegen um es in diese Welt des Feuers
freizugeben. Sie konnte draußen die Bürger in ihren grünen
und weißen Roben sehen, wie sie ihre Waffen ergreifen und Kugeln in
alle Richtungen schießen.
Eine Art Blitz von draußen tauchte ihre Fenster in schwarzes Licht.
Als er wieder verblaßte waren die beschädigten Fenster in
getöntes Blau getaucht. Das abgeschirmte Licht und das kühle
Gefühl der Wände gaben ihr einen Moment eines kokonartigen Friedens,
dann kam von draußen ein Brüllen und plötzlich traf Hitze
ihr Gesicht und ihren Körper, als ihre Außenwand zu einer gezackten
Linie zusammenschmolz und giftige Dämpfe ausspie.
Der Kampf außerhalb ergriff ihre Sinne ... die Lichter, die
Geräusche, die Schreie und die Flammen, die himmelwärts flogen
und trotzdem auf sie zukamen. Schnell hastete sie zu ihrer Tür,
drückte den Öffnen Knopf und versuchte, sich von der Außenseite
tiefer in den Wohnkomplex zurückzuziehen.
Sie sah den langen Flur zum Ausgang hinunter. Noch weit weg schritt in ihre
Richtung eine Abteilung der Gläubigen, deren saubere und spärliche
Uniformen nichts weiter als die heiligen Symbole und das Rangabzeichen auf
ihren Armen trug. Ihre Augen glühten mit einem seltsamen Feuer. Das
konnte sie sogar aus diesem Abstand ersehen. Was hatte Miriam getan?
Sie bewegten sich von Tür zu Tür, sprengten die Schlösser
und rotteten die Gaianer aus. Sie bewegten sich mit einer kaum kontrollierten
Intensität, die sie schon fast ehrfurchtgebietend fand. Einer von ihnen
sah sie und hob seine Pistole hoch. Sie drehte sich halb und der Mann sah
ihren Bauch, zögerte für gerade mal einen Augenblick und in diesem
Augenblick stürzte sie in ihr Zimmer zurück.
Splitterpistolenschüsse pfefferten in die Wand und schnitten in das
Fleisch ihres Armes, als sie sich zurückzog. Sie schrie auf, als ein
Schwall warmen Blutes ihr Gesicht bespritzte.
Keine Zeit ...
Sie hastete in ihr Badezimmer, suchte einen weichen Verband aus dem Erste
- Hilfe Kasten und band ihn sich schnell um ihren Arm. Blut lief nach unten,
um ihre Füße herum, und sie fühlte, wie eine Welle der
Übelkeit über sie ging, aber sie biß die Zähne zusammen
und zog den Verband so fest sie konnte.
Es reicht, um es zusammenzuhalten ...
Jetzt hörte sie das Schlagen an ihrer Tür. Sie wandte sich der
verdampften Wand zu und stürzte sich hinaus in den Sturm des Kampfes,
ihren Bauch festhaltend.
Draußen bewegte sie sich in der Nähe der brennenden Gebäude
um sich mit Hilfe ihrer Hitze vor den Infrarotsuchern zu verbergen. Über
ihr zerbrachen die höher gelegenen Gewächshäuser, als die
Gläubigen darauf feuerten und Metallfragmente in das lose Bündnis
der Gaiaischen Gebäude warfen. Sie sah massive Glassplitter vom Himmel
fallen und auf die Gaianischen Soldaten in ihrer grünen
Körperrüstung herabregnen. Sie sah, wie ein Glasdreieck einen Mann
sauber halbierte, und sie drehte sich weg.
Dieser schlanke junge Mann, es war Monate her. Jene Nacht draußen bei
den Feldern, als wir die Weihrauchstäbchen entzündeten und von
den Viren eingekreist wurden. Die Art, wie seine Hände mich berührten,
wie die Viren in meinem Kopf explodieren ... ich weis noch, es gab diese
Nacht zu viele von ihnen.
Sie berührte ihren Bauch. Sie hatte sich nicht wieder und diesen Mann
gekümmert oder ihn gesucht, sein Gesicht verlor sich in einem Nebel
der durch die Viren herbeigeführten Halluzinationen. Aber es dauerte
nicht lange, um zu wissen, was ihr Treffen produziert hatte. Und jetzt, nur
sechs Monate (sechs!) später war sie im Begriff, die Früchte davon
zu sehen.
Sie stolperte in ein Scharmützel, und sah, wie sich Miriams fanatische
Stoßtruppen in die Gaianischen Bürger und Soldaten warfen. Sie
war so nah, daß sie die Ekstase in ihren Augen sehen konnte, wenn sie
sich vorwärts und in die Leere, die sie begrüßte, warfen.
Dort.
Ein unbewachter Rover stand leer in der Nähe der Kämpfenden. Und
dann, als sie sich in seine Richtung bewegte hörte sie ein Geräusch
über ihrem Kopf und fühlte dann eine Kälte in ihrem Rücken.
Sie ging zurück und berührte es mit ihren Arm ... Glas. Ihr Verstand
rebellierte und stellte sich die Pfeile vor, die sie trafen, an ihrer
Wirbelsäule vorbei, um wie Dolche direkt zum Herzen ihres Kindes zu
gelangen.
Das Kind, das kam.
Sie schwankte vorwärts zum Rover und kletterte hinein. Sie drückte
auf den Navigationsbildschirm und gab zufällige Koordinaten in den
Autopiloten ein. Der Rover bewegte sich vorwärts und sie sah, wie ein
Gläubiger überfahren wurde. Dann schoß der Rover um die
Peripherie der Basis und in die Ausläufer des großen roten
Fungusfeldes, das bis an die Kanten der Basis reichte.
Das Fungusfeld pulsierte vor Leben, vielleicht sogar aufgeregt durch all
diese Gewalttätigkeit. Sie konnte seine Manipulation in ihrem Verstand
fühlen, die bewirkte, daß die Welt um sie herum schwankte und
sich bewegte. Sie hatte keinen Widerstand. Sie fühlte, wie der Wahnsinn
sie einholte, wie farbige Leuchten in hypnotische Muster übergehen,
die alle in Rot getaucht sind.
Sie fühlte daß ihr Kind kam. Und als die Räder des Rovers
im Fungus hängen blieben wurde sie direkt aus dem Auto in die Arme des
Planeten geworfen. Sie fühlte, daß ihr Kind bald kam.
Ein Kind des Planeten. |