Reise nach Centauri: 29. Kapitel
 
"Commander Zakharov ". Doktor Yang wartete, während der Wissenschaftler seine Konsole studierte. Seine Rückenmuskeln drückten Desinteresse aus. "Commander Zakharov, bitte. Wir brauchen hier Ihr Wissen."

Er drehte sich um und trotz seiner ruhigen Haltung flackerte Verärgerung in seinen Augen. "Ja, Commander. Was benötigen Sie von mir?"

"Wir brauchen den aktuellen Status der Unity."

"Sie sind nicht der Captain".

"Ich bin der diensthabende Officier. Während der Captain in seinem Quartier ist, bitte ich darum, daß Sie Ihren Statusbericht anfertigen, damit wir alle wissen, ob wir jemals eine Rente beziehen werden."

Zakharov lächelte. "Unsere Ruhestandsgelder sind Asche, zusammen mit dem Rest der Erde".

"Das wissen wir nicht." sagte eine leise Stimme. Yang schaute zu Miriam hinüber, die sich am Rand der Kommandozentrale aufhielt. "Wir wissen es nicht sicher."

"Ich glaube, daß wir alle das Schicksal der Erde erraten können." sagte Zakharov. Pravin Lal, der an einer medizinischen Konsole arbeitete, wandte sich ihm mit starrem Blick nachdenklich zu.

"Erraten vielleicht." sagte Miriam. "Aber ich dachte, Sie akzeptiere nur Beweise."

"Ich habe wenig Zeit für Statusberichte oder für solche Debatten."

"Das ist sicher wahr," sagte Yang, "aber, wenn Sie uns den Bericht geben, verstehen wir vielleicht alle, wie wenig Zeit Sie tatsächlich haben."

Zakharov nickte knapp. "Von mir aus."

Seine Finger flogen über sein Touchpanel, drei Bildschirme leuchteten auf und rekonfigurierten sich selbst zu einem Schema. Ein einfaches Schiffsdiagramm erschien. Mit ein paar Berührungen machte Zakharov die Drahtgitterlinien so dick wie Bleistiftstriche.

"Wie wir wissen, wurde die Unity so ausgelegt, dass sie es bis zu dem Planeten schafft, wenn auch knapp."

"Erklären Sie das." sagte Miriam mit einer hohen klaren Stimme. Yang drehte sich um, um ihr einen mißbilligenden Blick zuzuwerfen, aber Miriam schaute Zakharov weiterhin scharf an. Auch Lal schien seine ganzen Aufmerksamkeit auf die Worte des Wissenschaftlers zu richten. Zakharov fuhr fort.

"Die Menge an Treibstoff, die es brauchte, um uns bis hierher zu bringen, ist buchstäblich astronomisch!" Er pfefferte einen langen knochigen Finger in die Oberfläche von seinem Touchpanel. "Hier und hier ... in diesen riesigen Tanks auf jeder Seite der Kälteebenen befindet sich der Treibstoff, der uns bis hierher brachte. Er wird durch Transportmechanismen in diese Kammer geleitet, hier, wo die Fusionsreaktionen stattfinden, die das Schiff antreiben. Die Energie der Reaktionen ..."

"Ich glaube, das wissen wir alle," murmelte Yang, aber Zakharov ließ sich nicht unterbrechen.

"Die Energie der Reaktionen wird durch diese Eindämmungsringe diesen Kanal hinuntergeleitet, genau durch das Zentrum der acht Kälteebenen, und trifft hier auf, auf diese Platte, welche den Stoß absorbiert und uns vorwärts treibt. Dies geschieht viele Male in jeder Sekunde!"

Er machte eine Pause um mehr Wirkung zu erzielen. In seinen Augen schimmerten Gedanken an Kraft und Genauigkeit. "Wieder und wieder wandert ein Energiestoß, der einer Atomwaffe gleichkommt, durch die Eindämmungsringe, nur wenige Meter vom Rand der Kältedecks entfernt, und treibt uns vorwärts. Dies ging so über sechs Jahre lang und beschleunigte uns in der fast reibungslosen Umgebung des Weltraums auf eine konstante Geschwindigkeit. Und dann, auf halbem Wege der Reise zündete eine sorgfältig plazierte Bremsrakete, und die ganze Unity drehte sich, so daß ihre Triebwerke nach vorne zeigten." Miriam beobachtete ihn konzentriert. Lal und Yang sahen verärgert aus.

"Dann zündete das Fusionstriebwerk erneut, erneut Energiestöße wie die Sonne, bremste uns so weitere 20 Jahre lang ab und stoppte uns genau hier bei Chiron. Wenigstens war das die Theorie. Und das zuwege zu bringen! Es ist ..."

"Erstaunlich, Beeindruckend." sagte Yang.

"Es ist ... beinahe ... unmöglich. Verstehen Sie?"

"Was meinen Sie damit?" fragte Deirdre Skye, die aus dem Beobachtungszimmer hereingekommen war und jetzt von einem Stuhl unter einer kleinen runden Deckenlampe aus zuhörte.

Zakharov sah sie an, in den Lauf seiner eigenen Gedanken vertieft. "Uns alle einzufrieren, in diesen Kältekammern zu lassen, uns Lichtjahre weit in den Weltraum zu schicken, angetrieben von unserer selbstgemachten Sonne ... ". Er begann auf russisch fluchend auf und ab zu gehen.

"Ich verstehe." sagte Deirdre und fuhr mit einer Hand durch ihr dunkles Haar. "Es ist unmöglich. Die Chancen, daß wir es schaffen können..."

"Was sagen Sie da?" fragte Miriam, ihre Augen wurden enger, alle genau beobachtend. "Skye, bitte teilen Sie Ihre Gedanken mit uns."

"Sie erinnern sich an die Erde." sagte Deirdre. "Die Kriege. Das Chaos. Die ... Zerstörung."

"Ich erinnere mich daran, wie ich die Kinder meiner Feinde halte und die Höhlungen sehe, die einmal Augen waren." sagte Lal still. "Ja ... das Chaos."

"Regierungen kommen und gehen. Praktisch jedes Stück dieses Schiffs wurde von einem neuen Regime gebaut. Der Start ..."

"Übereilt." sagte Pravin plötzlich. "Sie dachten nicht ..."

"Sie dachten nicht, daß wir es schaffen würden!" beendete Deirdre. "Es war eine blinde Hoffnung, ein Leuchtfeuer, entzündet gegen die Dunkelheit einer Nacht auf See. Und warum?"

"Sie hatten es begonnen, und wollten es zu Ende bringen? Vielleicht ist es so einfach.

"Nein." sagte Miriam. "Es ist mehr. Es ist Hoffnung."

Zakharov schüttelte seinen Kopf.

"Ja." fuhr Deirdre fort. "Die Erde starb. Wir alle wußten es. Aber wenn sie ... wenn die Menschen der Erde lange genug überlebten ...wenigstens lange genug, um den Lichtblitz zu sehen, als wir aus Umlaufbahn schossen. Hoffnung."

"Oder der politische Gewinn eines anderen verdrehten Regimes." sagte Zakharov.

"Was macht das für einen Unterschied?" fragte Lal. "Für das Volk dieses Regimes ... zu sehen, wie die Unity sich in den Nachthimmel katapultierte ... und zu denken daß bei allem Schmerz, Armut, Tod und Krankheit um sie herum, daß vielleicht, in vierzig Jahren ... Hoffnung. Für die Menschheit."

"Sie sind jetzt ganz sicher alle tot." unterbrach Zakharov. "Machen Sie das nicht zu gefühlsselig."

"Die meisten sind tot, auf die eine oder andere Art, aufgrund des Alters oder durch Gewalt" sagte Miriam." Die Menschheit überlebte vielleicht. Gott ganz sicher."

"Sie schossen uns also ab, wie einen Knallkörper in den Himmel, und sie hofften." sagte Deirdre. "Was heißt das für uns?"

"Wenn wir das Schiff nicht reparieren, sollten sie recht behalten." sagte Zakharov. "Wir schaffen es nicht."

"Aber wir könnten." sagte Deirdre. "Wir haben noch die Hoffnung. Wir sind die letzten. Richtig?"

"Ja." sagte Miriam. "Sehr wahrscheinlich sind wir die letzten."

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