Corazon Santiago rollte sich blitzschnell durch
den engen Metallgang ab. Geschmeidig fand sie ihre katzenartige Balance wieder
und richtete sich auf. Ihre Augen zuckten hinter der getönten Schutzbrille,
als sie durch die verschiedenen Scanmodi wechselte: Normal, Hitze, Ultraviolett,
Bewegung.
Nichts.
Sie zog ihre Splitterpistole und aktivierte mit der anderen Hand ein kleines
Gerät, das farbcodierten Nebel produzierte, den nur ihre Gefährten
wahrnehmen konnten. Nur sie verfügten über die dazu nötigen
Frequenzbrillen. Hier war alles ruhig. Sie unterdrückte ihr Bedürfnis
zu lächeln.
Hinter ihr und in den angrenzenden Gängen näherten sich ihre
Männer in kleinen Stoßtrupps ebenfalls dem Zielort
Der metallische Widerhall ungeübter Schritte ließ sie zu einem
nahegelegenen Lüftungsschacht huschen. Mit vier raschen Bewegungen hatte
sie die Abdeckung des Schachtes entfernt - lautlos und schnell wie ein Atemzug;
die Abdeckung legte sie lautlos beiseite - es blieb keine Zeit, sie wieder
einzubauen....
Die Schritte näherten sich, und im Licht des Wartungsschachts erschien
eine schemenhafte Gestalt. Den steifen Bewegungen nach handelte es sich um
einen der Techniker Zakharovs. Auch die ungeschickte Art, die Pistole zu
umklammern sprach für ihre Vermutung. Sie hatte Leuschen hinter ihr
bereits lautlos ein Zeichen gegeben, damit er sich verstecken konnte
"Hey!" Ein schroffer Schrei, überrascht und mit einem irischen Akzent
unterlegt, hallte durch den Schacht. Der Kerl hatte etwas gesehen. Er begann
zu laufen.
"Halt, Getriebeputzer", das war Leuschens Stimme, die seine Verachtung für
den armseligen Techniker widerspiegelte. Santiago sah zu, wie der Techniker
plötzlich durch die Öffnung des Lüftungsschachtes sprang und
für einen kurzen Moment erkannte sie eine Splitterpistole und ein von
der Anstrengung feuerrotes Gesicht auf einem ungewöhnlich untersetzten
Körper.
"Zeig dich, du meuternder Scheißkerl", brüllte der Mann.
"Wenn du deine Waffe ziehst, werde ich dich
" Leuschens Stimme wurde
jäh vom plötzlichen Stakkato einer Salve aus einer Splitterpistole
unterbrochen. Der Lärm war noch nicht verhallt, als eine zweite
längere, abgehackte Salve den Schacht erschütterte. Santiagos Hand
verkrampfte sich um den Kolben ihrer Pistole. Wer hatte geschossen?
Dann das Dröhnen einer weiteren Salve, die wie ein Tusch elegant verhallte.
Präzision; der zweite Schütze mußte einer ihrer Männer
gewesen sein. Wie ein Schatten löste sie sich nun aus dem Schutz des
Lüftungsschachtes.
Der Techniker lag gekrümmt gegen die Wand. Sein linkes Bein und sein
Hüftgelenk waren völlig unerkenntlich. Santiago schüttelte
verärgert den Kopf; der Mann atmete noch. Röchelnd versuchte er,
sich, mit einem Arm aufzurichten. Auch Leuschen näherte sich vorsichtig.
Dabei versuchte er, nicht in das Schußfeld des Verletzten zu gelangen,
der seine Waffe immer noch locker in der linken Hand hielt.
"Leuschen!" zischte sie ihm entgegen. Dieser sah ihr bestürzt ins Gesicht.
"Nur einen Schuß. Lerne endlich, dich zu beherrschen. Tausend Schuß
aus einer Splitterpistole, und dieser Mann lebt immer noch". Und nach einem
geübten Blick auf den Schwerverletzten: "Dem ist nicht mehr zu helfen."
Sie zog ihre Waffe und wählte den Einzelschuß-Modus. Auf den Knall
der Pistole folgte das laute Krachen des Schädels des Technikers, als
dieser zerbarst.
Schnell lief sie zu der Leiche, griff diese am rechten Handgelenk und drehte
sie herum. Auf dem Display seiner Uhr blinkte eine gelbe Warnleuchte.
"Und wenn der Kerl nun die Kommandozentrale gewarnt hat..."
"...dann wissen die da oben wenigstens, daß wir es ernst meinen." Leuschen
hatte sich ein wenig zurückgezogen. Er ging seltsam gebeugt und wandte
er sich von ihr ab. "Der Kerl hat auf mich geschossen."
Ihr zorniger Blick war voller Verachtung. "Das darf nicht noch einmal passieren!
Schaff' die Leiche weg. Wir müssen weiter, bevor es noch zu weiteren
Vorfällen kommt."
Santiago machte sich auf den Weg zu ihrem Zielort.
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