Deirdre Skye strich über ihren Uniformkragen
und schaute nach draußen durch die transparenten Konsolen des
Hydrokultur-Moduls 1 und verfolgte ihren Weg durch die Weiten des Schiffes
bis hin zur Außenhülle. Dahinter konnte sie die unendliche Weite
des Weltraums sehen, die Sterne, wie sie an der Unity vorbeiflogen. Von diesem
Aussichtspunkt aus, an der Ecke von Modul 1 sah sie auch die Oberfläche
des Schiffs, wie sich die merkwürdig geformten Metallstücke über
einer verbrannten und verwüsteten Szenerie erstreckten, Mahnmale ihrer
Kollision.
Jenseits der zerstörten Stelle konnte sie Kältedeck 7 und die
dazugehörigen Lebensräume ausmachen. Eine Ecke des Zylinders war
eingedrückt, aber ansonsten schien alles in Ordnung zu sein. Sie hatten
immer noch keinen Kontakt mit diesem Deck, immer noch kein Lebenszeichen.
Es war dieser Anblick der verbrannten Umgebung jenseits der Fenster, der
sie dazu verleitet hatte, den Captain zur Vorsicht zu mahnen, als Zakharov
den Impuls-Test forcieren wollte.
"Deirdre."
Sie drehte sich um und sah, wie der Captain auf sie zukam, sich einen Weg
durch das dichte Geäst einiger Zwerg-Avokados bahnend. In der Nähe
waren zwei ihrer Leute damit beschäftigt, die harten grünen
Früchte in eine ultraleichte Kühlbox zu legen.
"Captain." Sie nahm einen Schluck aus dem silbernen Becher in ihrer rechten
Hand und schaute hinüber zur Klimakontroll-Anzeige des Gewächshauses.
"Wie steht's um die Gärten?"
"Eigentlich ganz gut. Die Pflanzen wurden für unsere Reise in
künstlich verlängerte Wachstumszyklen gebracht, während derer
sie zunächst blühten, dann ihre Früchte in Kompost-Behälter
warfen, und der gleiche Lebenszyklus wieder von vorne begann." Sie drehte
sich zum ihm um. "Wir vergessen immer, daß sie all das auch ohne
menschliche Hilfe können. So war es schon immer, seit Anbeginn der Zeit."
"Und jetzt greifen wir wieder ein?"
"Ich habe die Wachstumszyklen verkürzt und die Düngung erhöht.
Alle derzeit früchtetragenden Pflanzen werden geerntet und die Früchte
gelagert." Sie hielt inne. "Fast ein Drittel der Pflanzen ist während
der Reise eingegangen, ein bißchen weniger, als ich erwartet habe.
Der Rest scheint alles ganz gut zu verkraften, offensichtlich sogar besser
als unsere Besatzung."
Garland lächelte grimmig. "Ich bin auf dem Weg zum Waffendeck, um mir
das Ausmaß des Schadens selber anzusehen. Zwei Besatzungsmitglieder
sind umgekommen, einer befindet sich in medizinischer Betreuung. Zakharov
... "
Er unterbrach sich und schien seine Worte noch einmal zu überdenken.
"Zakharovs Leute werden zurückkommen und die Abschlußtests hier
durchführen. Sie glauben, daß sie eine Spannungsdichtung an den
verwundbarsten Leisten anbringen können, wodurch das Modul wieder in
Ordnung sein sollte. Uns bleibt nicht mehr viel Zeit ... aber es wird einige
kalkulierbare Risiken geben."
Deirdre nickte. "Ja, Sir", sagte sie und wendete sich wieder der schwarzen
Nacht draußen zu.
"Und wie ich bereits sagte, seien Sie vorsichtig. Santiagos Leute scheinen
auf Deck 2 isoliert zu sein, aber wir sind uns da nicht ganz sicher. Behalten
Sie die Tür im Auge, wir werden noch ein paar Waffen hierherbringen.
Wir werden auch weiterhin versuchen, auf friedlichem Weg eine Lösung
zu finden."
Deirdre nickte erneut. Der Captain drehte sich um und ging zum Ausgang, weiter
in Richtung Waffenkammer. Deirdre sah seine Reflexionen in den Leisten, schaute
ihm gedankenverloren nach, wie er förmlich von den Sternen aufgesogen
wurde. Sie bemerkte auch die Splitterpistole an seiner Hüfte und die
Anspannung, die bei jedem seiner Schritte zu sehen war.
Santiagos Augen wanderten zur Leiste an ihrem Handgelenk, weil einige ankommende
Informationen ihre Aufmerksamkeit erregten. Yang, gefesselt und von zwei
ihrer Leute festgehalten, fühlte eine Welle der Bewunderung in sich
aufsteigen, als er die schlangengleichen schnellen Bewegungen bemerkte.
"Pravin Lal hat auf einem unverschlüsselten Kanal eine Nachricht an
den Captain geschickt. Sie haben das Waffendeck gesichert und Eckert ist
in Folge des Angriffs umgekommen." Ihr Gesicht verdüsterte sich, als
sie die Neuigkeiten erfuhr. "Schade. Ich habe nicht damit gerechnet, daß
sie mit so wenig Besatzungsmitgliedern zum Waffendeck kommen würden."
Sie schaute sich um. Alle ihre Leute standen stramm und erwarteten die
nächsten Befehle, verschwendeten weder Zeit noch Atem.
"Jerek, wissen wir, wie viele Besatzungsmitglieder wach sind?"
Ein kräftiger Mann mit scharfen Gesichtszügen trat hervor. "Das
können wir von hier aus nicht feststellen, Colonel. Wir werden das erst
wissen, wenn unser Abgesandter im Kommando-Modul angekommen ist. Aber wir
wissen, daß das Schiff beschädigt wurde. Sie werden einige Leute
vom Sicherheitspersonal geweckt haben, um das Problem zu beheben."
Santiago nickte. "Unsere Situation ist prekärer, als ich dachte, aber
solche Umstände erfordern sofortiges Handeln. Laßt uns auf diesem
Deck eine Grenze ziehen. Zehn von Euch durchkämmen das Schiff ... mit
äußerster Vorsicht. Bitte keine Auseinandersetzungen mit Ingenieuren,
es sei denn, Ihr werdet angegriffen. Wir müssen ihre verwundbarsten
Stellen finden."
Kurzes Kopfnicken, und die Krieger begannen auszuschwärmen.
"Wir benötigen Informationen. Wir haben mehr Waffen; ich sollte mich
nicht so hilflos fühlen." Ihre Augen wanderten zu Yang, der sie kalt
ansah. "Bringt ihn in einen Lagerraum. Fesselt ihn gut und redet nicht mit
ihm. Er ist keiner von uns."
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